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Liebe Leserin, lieber Leser,

der Zeiger rückt vor. Unerbittlich. AmSilvesterabend sind es dann noch einige Sekunden, und das alte Jahr ist aus.Abermals ein paar Sekunden, und das neue Jahr ist an. Dazwischen krachtísund böllertís, wir stoßen miteinander an und sindfröhlich. Bis um zwölf Uhr konnten wir die Zeit kaum erwarten.Nun haben wir sie.

Haben wir sie? Oder ist sie mit dem Gongschlagschon vorüber? Was ist Zeit? Meint nicht jeder Mensch, zu wissen, wassie ist? Wir schauen doch alle auf die Uhr. Aber was ist, wenn diese nachgeht?Wir sind dann irrigerweise der Meinung, wir wüssten, wie spät esist, ohne zu ahnen, dass die Zeit in Wirklichkeit schon vorangeschrittenist. Ist die Zeit vielleicht schneller, als wir glauben? Wie schnell istüberhaupt die Zeit? Eigentlich müsste sie gleichmäßigablaufen, Minute für Minute, Tag für Tag. Nun gibt es aber Zeiten,die vergehen wie im Flug, bei anderen Gelegenheiten scheint die Zeitstillzustehen. Scheint – das ist es. Im Vergnügen erscheint unsdie Zeit kurz, in der Erwartung erscheint sie uns lang. Offenbar ist siedehnbar. Ist sie auch haltbar? Man könnte meinen, sie hört nieauf, sie dauert ewig. Aber Ewigkeit ist etwas völlig anderes, sie istdas Gegenteil von Zeit. Ewigkeit vergeht nicht, Zeit schon.

Für den Mobilfunk-Report auf Seite 6sollten Sie sich auf jeden Fall Zeit nehmen. Es werden Ihnen die Haare zuBerge stehen, wenn Sie erfahren, wie hier abgewiegelt, verschwiegen, verdrehtund verdrängt wird. Es geht um den Siegeszug des Handys und um unseraller Gesundheit. Denn es mehren sich die Stimmen, die vor derGesundheitsgefährdung warnen, die sowohl von den Handys als auch vonden Mobilfunk-Stationen ausgeht. Die Industrie weiß es, die staatlichenStellen wissen es, die Medien wissen es, aber keiner traut es sich zusagen.

Wir vergießen Krokodilstränenüber den Abwehrkampf von Mannesmann, sind aber uninteressiert, wennes um gesundheitliche Risiken beim mobilen Telefonieren geht. Oder sind wirnur uninformiert? Dabei handelt es sich um einen Fall, der anderen Affären,wie zum Beispiel BSE oder Contergan, zumindest gleichkommt. Wann greifenihn endlich die Medien auf? Es gibt doch sonst keine Scheu, brisante Themenfrontal anzugehen. Statt dessen herrscht das große Schweigen imBlätterwald. Auffällige Funkstille auch bei den elektronischenMedien. Wurden sie vielleicht zurückgepfiffen? Verständlichwärís ja, denn schließlich müssten sie gegen ihreeigenen Anzeigenkunden recherchieren. Lediglich "Spiegel TV"hat sich leichtvorgewagt. Und "Focus"? Die Münchner Magaziner versprachen in einerihrer letzten Nummern den ganz "großen Mobilfunk-Überblick", hattenauch über 13 flotte Seiten hinweg schicke Tabellen mit Daten überFunklöcher und Tarifnischen, vergaßen aber mitzuteilen, dass Mobilfunkkrank machen kann, dass zum Beispiel die Gehirn-Blut-Schranke geöffnetwird und Schadstoffe ins Hirn eindringen können. Dies lesen Sie, wiegesagt, nicht im "Focus", sondern in unserem Report.

Ich will Sie, liebe Leserin, lieber Leser,beileibe nicht erschrecken. Aber ich halte es für meine Pflicht,aufzuklären und noch einmal aufzuklären. Und ich bin zuversichtlich,dass – vielleicht noch im neuen Jahr 2000 – die Vernunft siegtund allen Beteiligten klar wird, dass man schnellstens eine Kurskorrekturvornehmen muss. Das wäre mein Wunsch fürs Neue Jahr.

Wolfgang Minaty
Vorwort zurExtra-Beilage:

Gefährlicher Pulsschlag

Report:Ist Mobilfunk gesundheitsschädlich?

Der Mobilfunk boomt. Jeder vierteDeutsche hat mittlerweile ein Handy. Dass das mobile Telefonieren mitGesundheitsrisiken verbunden ist, ist den meisten nicht bekannt. Dabei schlagenweltweit immer mehr Wissenschaftler Alarm.

Hausmeister Friedrich Schäfer und seineFamilie haben einen Höllentrip hinter sich. Zwar konnten sie von ihrerWohnung auf dem Flachdach des Rathauses von Ratingen (bei Düsseldorf)einen herrlichen Blick auf die Umgebung genießen, aber sie sahen dortauch, und zwar in nur drei Meter Entfernung, zwei Sendeanlagen: eine desFunkrufdienstes Quix und eine des Mobilfunknetzes E-Plus.

Kurz nach Installation des E-Plus-Senders imAugust 1997 begannen die Beschwerden. Die ganze Familie klagte überMüdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Schlafstörungen. Derachtjährige Sohn schlief nicht nur schlecht, er schlafwandelte auchund wurde mit Schmerz-und Schlafmitteln behandelt. Selbst Hund Oscar schienzu leiden. Die Laborwerte des Blutes bei Mensch und Tier verschlechtertensich immer mehr, bis der Hausarzt feststellen musste, dass der Zustand seinerPatienten "äußerst kritisch"sei. "Es ist", befand er weiter, "davonauszugehen, dass das mit der Funkanlage zusammenhängt."Diese Vermutungbestätigte sich, denn nach einem Wohnungswechsel waren sämtlicheBeschwerden wie weggeblasen.

Ortswechsel: Gemeinde Schnaitsee in Oberbayern.In unmittelbarer Nähe zum Hof des Milchbauern Josef Altenweger stehendrei Sendetürme, auf denen Richtfunk, Fernsehsender und verschiedeneMobilfunksysteme montiert sind. Im Sommer 1995 fing es an, da passiertenim Stall und auf der Weide merkwürdige Dinge: Fehlgeburten, Kälberkamen verkrüppelt oder tot zur Welt, Kühe magerten ab, dieMilchleistung sank um ein Drittel. Eine trächtige Kuh starb nach einemdramatischen Todeskampf. Die Obduktion: Hirntumor, ein bei Rindern kaum bekanntesKrankheitsbild. Tiere auf der Weide drückten sich instinktiv hinterGebäuden im Funkschatten der Sendetürme herum. Im Bericht desAmtstierarztes vom 16. April 1997 hieß es, dass "die gemessenenelektromagnetischen Felder in der Lage sind, die Verhaltensänderungenund Stoffwechselstörungen mit z. T. tödlichemAusgang zu verursachen."

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"Ich würdemein Kind nicht in einen Kindergarten schicken, wenn im Umkreis von 250 Meterneine Mobilfunk-Sendeanlagesteht."  Prof. PeterSemm

Abermals Ortswechsel: Vollersode in Niedersachsen. Dort stieg zwischen einerRadaranlage und einem Mobilfunksender die Hirntumorrate um das Zehnfachean, vorwiegend bei Kindern. In Schöntal in Baden-Württemberg machtenin einem Schweinezuchtbetrieb viele Totgeburten und Fruchtbarkeitsproblemedie Ferkelerzeugung unrentabel, nachdem sich Josef Grammling eine D2-Anlageauf das Dach hatte montieren lassen. "Nicht für eine Million Markwürden wir das noch einmal machen", bekräftigt die Bäuerin.Eine dramatische Häufung von Erkrankungen und Störungen desAllgemeinbefindens haben auch die Apotheker Klaus Lorscheid und JürgenLutsch in der Eifelgemeinde Kall seit der Installation von Mobilfunksendernregistriert. Von Schlafstörungen bis hin zu Potenzproblemen reichendie Auffälligkeiten. Elektro-Unternehmer Gerd Zesar machte sich miteinem empfindlichen Messgerät auf Spurensuche. Wo dieStrahlungsintensität am größten war, befragte Zesar die Anwohnernach Krankheitsbildern: "Die Trefferquote lag bei annähernd hundertProzent, in fast jedem Haus war was."

Es ließen sich noch etliche Beispieleaufführen. Die Szenerie ist immer dieselbe. Das Drama kennt fünfBeteiligte: die Mobilfunkbetreiber, die Betroffenen, die Behörden, dieWissenschaft und die große Masse der (scheinbar) Unbeteiligten. Eindeutigist die Position der Mobilfunkbetreiber – in Deutschland sind dies dieTelekom (D1-Netz), Mannesmann (D2), KPN Mobil (E-Plus) und Viag (E2). Alsgewinnorientierte Unternehmen haben sie letztlich nur ein Ziel: sich am Marktzu behaupten. Konkret heißt das: "Die Kunden erwarten ein lückenlosesNetz."Also muss man ihnen ein solches Netz von übers Land verteiltenBasisstationen zur Verfügung stellen. Bis heute hat dieRegulierungsbehörde für Post und Telekommunikation 35 000 Standortemit mehr als zehn Watt Sendeleistung genehmigt. Anlagen mit geringerer Leistungsind genehmigungsfrei, ihre genaue Zahl ist selbst der Regulierungsbehördenicht bekannt. Ein Problem zu hoher Strahlungswerte können dieNetzbetreiber nicht erkennen: "Wir halten uns", lauten unisono dieStellungnahmen, "strikt an die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte."

Die Position der unmittelbar Betroffenen istauch klar, wenn auch zweigeteilt. Es gibt Hauseigentümer, die keineBedenken haben und die für einen Sendemast auf ihrem Dach zwischen 500und 1500 Mark Miete monatlich je Betreiber erhalten – nicht nur fürLandwirte ein willkommenes Zubrot. Andere Betroffene setzen sich zur Wehrund verhindern notfalls über Bürgerentscheide die Aufstellung geplanterSender. Eine Anlaufstelle ist die "Bürgerwelle"in Tirschenreuth, einbundesweiter Dachverband, der rund 300 Bürgerinitiativen zum Schutzvor Elektrosmog betreut. Mehr als 200 Sendeanlagen wurden bisher verhindertbzw. abgebaut und etliche Umplanungen erreicht.

Die Position der Behörden: Man geht aufDistanz. Genauer: Man verschanzt sich hinter Bestimmungen. Noch genauer:Unliebsame Daten sollen nicht vorschnell oder gar nicht an dieÖffentlichkeit. So wurde im Fall Altenweger dem Amtsveterinär ersteinmal ein Maulkorb verpasst und untersagt, den brisanten Bericht zuveröffentlichen. Selbst ein empörter Zwischenruf von ProfessorWolfgang Löscher von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, dassderartige Fälle öffentlich diskutiert gehörten, verhallte.Eine Studie des Tiergesundheitsdienstes Bayern bescheinigte Altenweger eineüberdurchschnittlich gute Betriebsführung, gute Tierbeobachtungund einen guten Pflegezustand seiner Herde. Bei Untersuchungen konnten keineursächlichen Erreger für die Anomalien gefunden werden.

Das bayerische Sozialministerium dagegen machte Altenweger öffentlich wegen mangelhafter Tierhaltung zum Buhmann. Zudem seien die Grenzwerte unterschritten, was den Schluss zulasse, dass falsche Fütterung, mangelhaftes Melken und die Form der Aufstallung die Ursachen für die auftretenden Phänomene seien. Indes keimt Hoffnung durch das bayerische Umweltministerium auf: "Der Staatsregierung kommt es auf eine gründliche Untersuchung an."

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"Die Strahlungswerteder Mobilnetze liegen zwar unter den Grenzwerten, aber diese Grenzwerteorientieren sich ja nicht nach derGesundheit."  Prof. Günter Käs

Tatsächlich wurde im Juni 1998 eine auf zwei Jahre veranschlagte Studiein 38 Betrieben in Auftrag gegeben. Solange die Grenzwerte nichtüberschritten, sondern wie in Schnaitsee um das 300fache und in Ratingensogar um das 2000- bis 10 000fache unterschritten werden, scheint fürBehörden und Betreiber die Welt in Ordnung. Sie berufen sich u. a. aufdas Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). "Die aufgeregte Diskussionüber die Kernenergie dürfte in Relation zu dem, was uns dieMobilfunknetze noch bescheren, nur ein laues Lüftchensein,"befürchtete der damalige Postminister Wolfgang Boetsch bereits1994. In der Tat, zwischen den Forschergruppen herrscht Dauerstreit. Es hageltgegenseitige Vorwürfe, unseriös zu arbeiten.

Worum geht es? Elektromagnetische Felder (EMF) erwärmen das Gewebe. Technisch wird dies z. B. bei der Mikrowelle genutzt. Der sogenannte thermische Grenzwert soll den menschlichen Körper vor einer Überhitzung schützen. Als unbedenklich gilt eine Erwärmung um 0,5°C bei einer sechsminütigen Bestrahlung. Um den thermischen Grenzwert einzuhalten, darf ein EMF der E-Netze mit einer Leistung von 9,5 Watt (W) auf einen Quadrameter Körperoberfläche wirken (D-Netze: 4,7 W/m2; ). Hat sich die Regulierungsbehörde von der 

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"Angesichts der Vielzahl wissenschaftlicher Befundekann man weder das Krebsrisiko noch verschiedene andere biologische Effekteeinfach abtun." Umweltausschuss des EU-Parlaments


Einhaltung der Grenzwerte überzeugt,bescheinigt sie dem Betreiber die Unbedenklichkeit: "Nach den derzeitwissenschaftlich anerkannten Grenzwerten, die den heutigen Stand von Forschungund Technik darstellen, kann von keiner Gesundheitsgefährdung ausgegangenwerden."

Inzwischen belegen viele Studien an Mensch und Tier, dass bereits kleinste Feldstärken auch nichtthermische, krank machende biologische Effekte verursachen – lange bevor sich das Gewebe erwärmt, nämlich bei 0,00001 W/m2; , dem millionstel Teil des zulässigen Wertes. Politik und Industrie bestehen darauf, dass die bisherigen Grenzwerte nur aufgrund von "wissenschaftlich"abgesicherten Ergebnissen geändert werden. Frei nach dem Motto: Was nicht messbar ist, existiert nicht. "Darauf können wir aber nicht warten", gab Professor Günter Käs von der Bundeswehrhochschule in Neubiberg (bei München) auf einem Symposion zu bedenken. "Bis dahin hat es uns vielleicht umgebracht."

Starke Worte. Auch richtige Worte? Wir versuchenuns Klar-heit direkt beim BfS zu ver-schaffen. Für wen, fragen wir beider Pressestelle an, seien diese Grenzwerte festgelegt worden? "Füreinen Durchschnittsmenschen", lautet die Antwort. Ob Schwangere, Kinder,sensible und ältere Menschen auch zu den Durchschnittsmenschenzählten? "Ja, für diese Gruppen ist aber ein zusätzlicherVorsorgefaktor eingebaut."Eine Gefährdung dieser Risikogruppen durchnicht-thermische Effekte könne also ausgeschlossen werden? "Der festgelegteGrenzwert berücksichtigt diese Effekte."Und die vielen kritischen Studien?"Nach unseren Erkenntnissen reicht der Schutz durch den Grenzwert aus."Auchfür kleine Kinder? "Ja!"Weiterer Forschungsbedarf wird allerdings bejaht.Dabei hatte das BfS schon 1990 ein Forschungsvorhaben zur Abklärungvon Effekten im nichtthermischen Bereich ausgeschrieben. Der Auftrag wurdeaber nie vergeben. Dazu die TÜV-Akademie 1998: "Das BfS trifft zurZeit Aussagen über angeblich fehlende Gefahren trotz nicht realisierterForschung und allgemein bekannter Latenzzeit bösartiger Erkrankungenim Bereich von Jahren."

Diese Gefährdungdurch niederfrequent gepulste EMF hatten bereits in den 70er Jahren dieUS-Militärs erkannt, wie aus einer geheim gehaltenen Studie jetzt bekanntwurde. Sie entschieden sich daraufhin für einen anderen, nämlichungepulsten und damit ungefährlicheren Standard – der auch in deneuropäischen Mobilfunknetzen hätte Verwendung finden können.Lizenzkosten verhinderten dies offenbar, obwohl diese Technik neben geringerenbiologischen Auswirkungen auch eine hohe Unempfindlichkeit gegen Störungenund enorme Datenübertragungsraten als Vorteile bot.

"Biologische Systeme funktionieren anders alstechnische", sagt der Lübecker Medizinphysiker Lebrecht von Klitzing,"sie unterliegen einer Vielzahl von Variablen."Selbst wenn noch nicht alleMechanismen zwischen Reiz und Wirkung zweifelsfrei geklärt sind,Beeinträchtigungen und gesundheitliche Schäden lassen sich vielebeobachten und nachweisen. Es beginnt mit einer Zunahme von Nervosität,Schlaflosigkeit, Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Ohrensausenund Atemnot. Ja, es ist sogar von Veränderungen der Gehirnströme,von Schwächung des Immunsystems, von Herzrhythmusstörungen undErhöhung des Blutdruckes bis hin zu Krebs und Schädigung desErbmaterials die Rede.

Die im Dezember 1998 veröffentlichte Studiedes Münchner Klinikums Großhadern zielte auf Entwarnung. Dochregte sich sofort Kritik. Die Studie, so der Schweizer Arzt Karl-Heinz Braun-vonGladiß, suggeriere, dass Effekte auf Gehirnströme durchMobilfunkbetrieb unmöglich und damit andere Forschungsergebnisse widerlegtseien. Dem sei nicht so: Der Konzeption liege ein primitives Denkmodellüber Gehirnaufbau und -funktionen zugrunde, der Unterschied zwischenthermischer und nichtthermischer Wirkung werde wiederholt verwischt. Braun-vonGladiß weiter: "Dies erweckt Zweifel am Sachverstand der Autoren, denndas Thema ist verfehlt, die Präsentation der Ergebnissetendenziös."Auf die Frage nach möglichen Langzeitgefährdungengeben die Münchner Wissenschaftler die Antwort selbst: "Die Studie kannkeine Aussage zu möglichen biologischen Effekten treffen, welche erstnach häufiger Exposition über einen längeren Zeitraum hinwegauftreten können."Was, so stellt sich die Frage, ist eine Studie wert,wenn sie im entscheidenden Punkt keine Aussage treffen kann?

Aufsehenerregendes aus Schweden: Wie Forscherder Universität Lund jetzt festgestellt haben, wird durchMobilfunk-Frequenzen die Blut-Hirn-Schranke geöffnet. Somit könnenschädigende Stoffe im Blut diese Sicherheitsbarriere überwinden,ins Gehirn eindringen und Gehirnzellen schädigen bzw. zerstören.Krankheiten wie multiple Sklerose, vorzeitiges Altern, Alzheimer und Parkinsonwerden mit einer Störung der Hirnschranke in Verbindung gebracht. Alsbesorgniserregend wird dargestellt, dass geringe Feldstärken oftgrößere Effekte verursachen als stärkere Impulse.

Zurück nach Deutschland. Bei Forschungenfür die Telekom stellte der Neurobiologe Professor Peter Semm, der Entdeckerdes Melatonins, bereits 1995 bei Tierversuchen fest, dass weit unterhalbder festgelegten Grenzwerte 60% der Nervenzellen falsch reagierten bzw. dieverzögerte Melatonin-Produktion den biologischen Rhythmus störte.Nachdem Semm seine Ergebnisse nicht revidierte, wurde sein Vertrag von derTelekom aufgekündigt.

Enorme Auswirkungen auf die Gehirnströmesensibler Kinder wies auch von Klitzing mit gepulsten Schnurlos-Telefonen(DECT-Standard) nach. Selbst acht Minuten nach dem Telefonat war dasBioregulationssystem noch gestört. Die roten Blutkörperchen reiftennicht ganz aus. "Wenn Ihre Kinder schlecht schlafen, Augenränder habenund an Konzentrationsstörungen leiden", so das Fazit von Klitzings,"dann ziehen Sie den Netzstecker Ihres Schnurlos-Telefons."Als Ersatz bietensich solche nach dem Standard "CT 1 plus"an, die nicht puls-förmig getaktetsind.

Übrigens: Die Mobilfunk-Betreiber sindgegen Schäden durch EMF nicht versichert. Grund: Die Versicherungswirtschaftlehnt eine Absicherung als zu riskant ab. Einen Vorgeschmack von dem, was den Mobilfunk- Betreibern drohen könnte, gibt ein Präzedenzfall aus den USA: Ein Berufungsgericht in Texas hat einem Ehepaar eine Schadenssumme von 1,2 Millionen Dollar für Wertminderung und Verlust an Wohnqualität zuerkannt. Eine Mobilfunkfirma hatte in unmittelbarer Nähe einen Sendeturm errichtet. Das Gericht befand weiter, der Betreiber würde die Rechte der Hauseigentümer mit Füßen treten. Mittlerweile gibt es auch in Deutschland Urteile, wonach Mieter den Mietzins mindern dürfen, wenn sie sich durch eine nachträglich installierte Mobilfunktantenne beeinträchtigt fühlen. Auch die Immobilienbranche ist betroffen: Wertminderungen von bis zu 25 Prozent bei Gebäuden in unmittelbarer Nähe zu Basisstationen werden durch Gutachter attestiert.

Damit sind wir beim fünften Beteiligten in dem Mobilfunk-Drama, es ist die zahlenmäßig größte Gruppe: die vielen Handy-Benutzer, die Nicht- und auch die Noch-nicht-Benutzer, also eigentlich wir alle, die wir von der einen oder anderen Panikmache zwar schon gehört haben, aber ansonsten dem Problem nicht allzuviel Gewicht beimessen. Aber das Problem geht uns alle an. Ob wir in der Stadt oder auf dem Land leben, ob wir das Handy benutzen oder ob wir "nur"von immer mehr strahlenden Funkmasten umzingelt werden. Solange es auf Grund von Forschungsdefiziten keine ausreichenden Daten gibt, um eine gesundheitliche Unbedenklichkeit zugewährleisten, sollte im Sinne des Vorsorgeprinzips die Belastung der Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden. Dies fordert Professor Siegfried Knasmüller vom Institut für Tumorbiologie an der Uni Wien. Noch schärfer formuliert es die Bürgerwelle. "Ein Grenzwert von 0,000001 W/m2; ist aus der Sicht der Gesundheitsvorsorge das Minimum."

Die Frage ist: Warum sind die Mobilfunkbetreiber nicht längst schon auf diese neuen Vorgaben eingeschwenkt? Warum wird statt dessen der Ausbau einer Technik ohne weitere Risikoabschätzung forciert? Warum werden Untersuchungen nur an jungen gesunden Probanden und in der Regel nur kurzfristig gemacht? Und warum unternimmt der Staat nichts bzw. warum lässt man so viel Zeit verstreichen, wie seinerzeit bei Contergan, Asbest und Formaldehyd? Will man die Telekommunikationsbranche nicht in Bedrängnis bringen?

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"Die Grenzwerte sind liederlich undfahrlässig." Prof. Siegfried Knasmüller


Eines ist klar: Aufhalten lässt sich diemoderne Telekommunikation nicht. Was wir brauchen, das sind – nebenforcierter Forschung – eine neue, zügige Grenzwertfestlegung undinnovative technische Lösungen. Selbst wenn diese teuer sind, sie sindimmer noch billiger, als einfach auf Kosten der Gesundheit vielerweiterzuwursteln – bis am Ende der Schaden so groß ist, dass ernicht mehr beherrschbar und nicht mehr zu bezahlen ist. Oder wie es GrangerMorgan von der Carnegie-Mellon- Universität in Pittsburgh gesagt hat:"Wir haben genug geforscht, um festzustellen, dass es bei gepulstenelektromagnetischen Feldern ein Problem gibt, aber zuwenig, um es lösenzu können. Wenn wir nicht bald vernünftige Antworten finden, werdenwir eine teure und chaotische Zukunft erleben!"

Karl Schweinberger
(Tel. 089-53098959,blw@merkur.net )

WeitereInformationen:
Bundesamt für Strahlenschutz, Salzgitter http://bfs.de Tel. 05341/885-0
Bürgerwelle e.V., Tirschenreuth http://buergerwelle.de Tel. 09631/795 736


Quelle: Leben auf dem Land 1/2000 S.6-9     Sonderdruck für dieBürgerwelle e.V.

Landleben Verlag GmbH, Postfach 400320, 80703München

Anschrift der Redaktion: Postfach200523, 80005 München / E-Mail:lebenaufdemland@t-online.de
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Litho: GAV Prepress, 89547 Gerstetten/ E-Mail: GAV-PrePress@t-online.de

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